Die erste Frauenkirche
Im Jahr 1158 hatte Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen und Bayern, die zollpflichtige Brücke über die Isar bei Oberföhring zerstört. Sie gehörte dem Bischof von Freising. Der Herzog verlegte den wichtigen Fußgängerüberweg auf sein eigenes Herrschaftsgebiet in die Nähe einer kleinen Siedlung „Munichen“. Dorthin übertrug er auch Münzstätte und Marktrecht. Bischof Albert konnte auf dem „Hoftag zu Regensburg“, am 13. Juli 1180 die Wiederherstellung der alten bischöflichen Rechte erlangen. Der neugegründete Markt kam somit für einige Zeit wieder unter bischöfliche Herrschaft.
Als erste Kirche wurde St. Peter gebaut und erhielt das Pfarrrecht für die Siedlung. Doch schon 1240 verlor der Bischof von Freising - jetzt war es Konrad I. - nach jahrelangem Streit mit Herzog Otto II. die Herrschaft über München. Die Wittelsbacher richteten sich in ihrer neuen Stadt ein. 1271 nahm man auf Grund der anwachsenden Bevölkerung in München eine Neugliederung der pfarrlichen Verhältnisse vor. Neben der Pfarrkirche St. Peter (mit Sitz des Dekans) südlich der Neuhauser Straße, entstand nun die Pfarrkirche Zu Unserer Lieben Frau im nördlichen Teil der Stadt. Das Gebiet um das Heilig Geist Spital wurde zugleich zur dritten Pfarrei erhoben. Dazu gehörte im Bereich der Frauenpfarrei der Bau einer neuen Kirche: im Nordwestviertel gründeten sie, wahrscheinlich anstelle eines großen bischöflichen Speicherbaus, die Kirche zu Unserer Lieben Frau. Von dieser und dem Speicherbau lagen noch Mauerreste unter der heutigen Kirche; sie wurden während des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg untersucht und eingemessen. Aus diesen Befunden lässt sich die Gestalt der ersten Frauenkirche rekonstruieren: Sie war etwas größer angelegt als die damalige Pfarrkirche der Stadt, St. Peter.
Dies zeigt recht deutlich, dass die Wittelsbacher mit dem Bau ihren Herrschaftsanspruch in der Stadt auch gegenüber der vorherigen bischöflichen Stadtherrschaft herausstellen wollten. Die dreischiffige spätromanische Basilika mit Doppelturmfront wurde schon Anfang des 14.Jahrhunderts um einen größeren Chorbau erweitert.
Der spätgotische Neubau
Mitte des 15. Jahrhunderts bemühten sich der Pfarrer, die Kirchpröpste, aber vor allem der Herzog um den Neubau der mittlerweile bereits schadhaft gewordenen Kirche. Zugleich sollte eine Rangerhöhung der Kirche durch die Errichtung eines Kollegiatstifts Zu Unserer Lieben Frau mit entsprechendem zahlreichen Klerus erfolgen. 1468 wurde unter der Leitung des "Meisters Jörg, Maurer aus Halspach" der Grundstein für die neue Kirche gelegt. Zwei Gedenktafeln am Südostportal erinnern an diesen Tag.
Die Wahl des Baumeisters fiel auf Jörg von Halspach, weil die Kirche als Ziegelsichtbau, d.h. gemauert, errichtet werden sollte, nicht als Hausteinbau, also als Steinmetzarbeit. Die Frauenkirche ist als einziges Bauwerk in dieser Größenordnung in nur 20 Jahren fertiggestellt worden. Ein damals in Konkurrenz stehender spätgotischer Backsteinbau ist die von den niederbayerischen Wittelsbachern errichtete St. Martinskirche in Landshut.
Die heutige Kirche ist als mächtige dreischiffige Hallenkirche angelegt, deren Mittelgewölbe nur geringfügig höher ansetzen als die der Seitenschiffe. Reiche sternartige Rippengewölbe kontrastieren mit den schlichten Wandflächen und den schmucklosen Achteckpfeilern. Der Chorumgang ist bruchlos angefügt. Auch die zwischen den äußeren Wandpfeilern befindlichen Kapellen umziehen den gesamten Raum ohne Zäsur.
Der Teil des Innenraumes der Frauenkirche, der von den Schiffen begrenzt wird, ist genau dreimal so lang wie breit. Von außen dominieren die großen, vornehm proportionierten Ziegelsichtflächen, aus deren symmetrischer und gleichartiger Wiederholung sich die Kirche aufbaut. Es ist eine Baukunst, die die größtmögliche ästhetische Annäherung an einen Kubus, einen Kristall oder einen geschliffenen Stein erreicht. Damit soll eine diamant-edelsteinhafte Vision des himmlischen Jerusalem sichtbar gemacht werden.
Die Kuppelbekrönungen der Türme, Wahrzeichen Münchens, wurden erst um 1525 ausgeführt. In den letzten Jahren Jörg von Halspachs gab es ein vielverbreitetes Buch mit einer Zeichnung des Felsendoms in Jerusalem als Stadtansicht. Möglicherweise war die Idee, Münchens neues "himmlisches Jerusalem" genauso wie den bekanntesten Bau des irdischen Jerusalems mit Zwiebelhauben zu bekrönen. Die Hauben wurden erst so spät aufgesetzt, weil Jörg von Halspach verstarb und der Landshuter Erbfolgekrieg das Vorhaben unmöglich machte.
Der Innenraum der Frauenkirche ist nach einem für die Kunst der Zeit um 1460 typischen Stilprinzip konzipiert, das durch Verschränkung von Form und Raum gekennzeichnet ist. Ein Besucher, der vom Hauptportal eintritt, bietet sich zunächst keine Raumgrenze, keine Wand, sondern eine Folge von hohen, schlanken, weißen und doch bunt leuchtenden Facettenkörpern. Die achteckigen Pfeiler verdecken bis auf das dem Betrachter gegenüberliegende alle anderen Fenster, fangen aber deren farbiges Licht ein und kommen so selbst zum Leuchten. Sie wirken wie eine Reihe bunter, in wohlgefügter Ordnung im Raum stehende Kristalle. Die Seitenkapellen schließen mit erneuerten Gittern zum Hauptschiff ab. Sie leiten über zum Gitterwerk der farbigen Fensterflächen und an ihnen empor zu den Gitternetzen der Kapellengewölbe.
Die Barockisierung der Frauenkirche
1599 wurde in der Kirche ein Triumphbogen errichtet, reich mit Stukkaturtechnik verziert. Hans Krumper arbeitete daran fünf Jahre bis zur Fertigstellung 1604. Das Volk nannte ihn den „Bennobogen“, weil er den Altar des neuen heiligen Stadtpatrones überspannte. Ab 1620 ging der Blick durch den Bogen auf das Bild der „Mariä Himmelfahrt“ von Peter Candid im Hochaltar. Nach 1622 erhielt der Bennobogen noch die Bedeutung eines Triumphbogens für die Glaubenstreue des bayerischen Regentenhauses, als das Wittelsbacher-Kenotaph durch Hans Krumper unter dem Bogen aufgestellt wurde. Der Kirchenraum erhielt im Sinne der Gegenreformation ein neues Gewand, wobei aber kaum bauliche Maßnahmen stattfanden, sondern nur eine weitgehende Erneuerung der Altarausstattung.
Regotisierung
Die Erhebung der Frauenkirche zur Domkirche 1821 lenkte ein stärkeres Interesse auf den Bau und nachfolgend auf seinen ursprünglichen Zustand. Die Wiederauffindung vermeintlich mittelalterlicher Fresken diente als ein Argument, um die Regotisierung der Frauenkirche zu forcieren. Der Raum sollte nun als erzbischöfliche Kathedrale vereinheitlicht werden. Dazu wurde der Bennobogen entfernt, das Wittelsbacher Kenotaph aus dem Chor herausgenommen und weiter nach hinten versetzt. Das Chorgestühl des Erasmus Grasser wurde erneut umgebaut. Die Wände und Säulen wurden wieder tonfarben oder gelblich, das Gewölbe wurde mit einem gemalten Sternenhimmel ausgestattet, so dass es aussah, als könne man zwischen den Bogenrippen in den Himmel schauen. Altäre und andere Einrichtungen wurden einheitlich neugotisch gestaltet.
Über Deutschland hinaus herrschte im 19. Jahrhundert die Auffassung, dass die Gotik der würdigste kirchliche Stil sei, Renaissance und Barock dagegen profan wären. Diese Umgestaltung der Frauenkirche hatte bis 1932 Bestand, als man bei einer umfassenden Renovierung eine neue Farbigkeit für Wände und Gewölbe wählte.
Das Bild aus dem Jahr 1946 zeigt die Ruine der Frauenkirche nach den Kriegszerstörungen. An der Stelle des Wittelsbacher Kenotaphs stehen Loren, in denen der Schutt aus dem ehemaligen Innenraum abtransportiert wird. Ein roh gezimmertes Holzkreuz deutet die Stelle des Hochaltars an. Die meisten bedeutenden Kunstwerke als auch die historischen Fenster waren vor den Bombenangriffen in Sicherheit gebracht worden.
Die übrige Ausstattung und das historische Gewölbe wurden durch Bomben zerstört. Die Türme blieben stehen. Kardinal Michael Faulhaber hat die Kathedrale als Zeichen christlicher Hoffnung wieder aufbauen lassen. Die Einrichtung entstand dann unter seinen Nachfolgern Kardinal Wendel und Kardinal Döpfner und wurde bald von manchem Besucher als nüchtern empfunden.
1971 wurde der Chorbereich den liturgischen Erfordernissen nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil angepasst.
Eine umfassende Renovierung von 1989 bis 1994 führte zur Rekonstruktion der Raumausmalung des Jörg von Halspach, zur Erneuerung der liturgischen Einrichtung , des Chorgestühls mit den Bildwerken von Erasmus Grasser, des Fußbodens, der Bänke, der Orgelempore, der Orgeln und der Kapellen, in welche die erhaltenen restaurierten Gemälde und Bildwerke zurückkamen. Für die Altarbilder wurden neue Aufbauten geschaffen, die in spielerischer Weise das Grundschema barocker Altäre neu interpretiert.